Opus Talentmanagement, die Unvollendete

Dienstag, 15. Mai 2012 12:27


In vielen Unternehmen gilt individuelles Coaching im Rahmen von Talentmanagement-Programmen als Luxus. Also einfach weglassen? Tatsächlich fördert die persönliche Begleitung, eingebettet in Rituale und Netzwerke, das Entwickeln von Potenzialen. Für den Erfolg eines Entwicklungsprogramms ist also die Gesamkonzeption entscheidend.

Ein Training ist in der Lage, grundsätzliches Wissen zu vermitteln.  Das Gruppensetting begrüßt verschiedene Perspektiven und hilft, ein Thema lebendig und umfassend zu betrachten.

In der Regel erstreckt sich ein Training über mehrere Tage. Follow-ups nach den ersten Transferversuchen sind nicht die Regel.   Was auf den ersten Blick machbar erscheint, trifft aber in der Realität oft auf Hindernisse, die im Zuge einer positiven Gruppendynamik ausgeblendet wurden.  Erst die praktische Resonanz gestattet die zielorientierte Abstimmung des Lernprozesses. In dem Fegefeuer täglicher Bewährung lernen die Teilnehmer, sich mit Wissen und Do-How zu behaupten. 

Womit wir beim Coaching wären. Sein Vorteil liegt in der Präzision und der Verbindung mit der individuellen Praxis. Der Coachee kann nun ausführlich über seine Problematik  sprechen. Im vertrauensvollen Rahmen kann er Themen behandeln, die er vor der Gruppe nicht anreißt. Vor dem Hintergrund, dass junge Führungskräfte Zweifel an ihrer Durchsetzungsfähigkeit hegen und die Identifikation mit der neuen Rolle Zeit braucht, ermöglicht Coaching persönliche Blockaden und Ressourcen zu erkennen. Es hilft dem Coachee auf einfühlsame Art und Weise die beste Führungskraft zu werden, die er/sie sein kann.

Entwicklung beinhaltet somit Trainings- und Coaching-Komponenten, die wiederum einer pragmatischen Evaluation durch den Wechsel von Lernen und Bewähren unterworfen sind. Kollektives und individuelles Lernen ergänzen sich ebenso wie Praxis und Training.


All das gehört aber in einen großen kulturellen Rahmen von Ritualen und sie begründenden Netzwerken.  Zu Beginn steht die Begrüßung der Teilnehmer und der Aufbau von Gemeinsamkeit  durch einen positiven Kick-off.  Eine Entwicklungskultur wird geboren.

Bei Teamimplementierungen trifft man sich zum Abendessen und lauscht der visionären Rede des Geschäftsführers. Und man holt sich Anregungen und Inspiration, indem man die Performance eines "großen" Teams genießt.

Nutzloses Beiwerk? Mitnichten. Vorbilder und Modelle sind für Lernprozesse von immenser Bedeutung. Die emotionale Verbundenheit, die durch positive gemeinsame Erlebnisse und Rituale geschaffen wird, kann nicht hoch genug engeschätzt werden. Sie ist Taktgeber für alle weiteren Lernsessions.

Für beständige Veränderung ist es wichtig, dass Selbstvertrauen und Optimismus nachwirken, auch wenn die Gruppe als Bestätigung nicht mehr zur Verfügung steht. Ein Initiationsritual wirkt Wunder. Die Kernaussage lautet hier: Ihr habt es geschafft. Ihr seid einen weiten Weg gegangen. Es war nicht immer einfach, aber ihr habt durchgehalten. Nun könnt ihr mutig weitermachen. Ihr habt alles, was ihr braucht, um erfolgreich zu sein.

Krisen werden trotzdem immer wieder auftreten.  Es sind in Ritualen und Lernprozessen geschaffene Netzwerke, die dann im Sinne einer professionellen sozialen Unterstützung wirken.  Die Teilnehmer knüpften Kontakte, tauschten ihre Kärtchen aus und vereinbarten im Idealfall, dass sie sich nach bestimmten Zeitspannen im Sinne einer kollegialen Beratung wieder zusammenfinden. Die Musik des Lernens spielt immer weiter.

Talentmanagement state of the art beinhaltet somit Rituale, Trainings, Coachings und die Schaffung von Netzwerken. Es ist eine große unvollendete Symphonie der Personalentwicklung.*


* Dieser Beitrag wurde inspiriert von einem Artikel von Fr. Dr. Nazlic, "Coaching for Talents" in der Wirtschaftspsychologie 1/2012

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