Die Personalentwicklung muß an die frische Luft

Dienstag, 05. Mai 2020 16:51

Der Titel erinnert an ein Buch von Harpe Kerkeling, doch er könnte genausogut Programm sein für die Zukunft der deutschen Schulen in der Corona-Zeit. Mehr noch. Frische Luft und Natur können der Zukunftstrend für Weiterbildung und Personalentwicklung werden.

Es ist gar nicht so lange her, da schickte man die Mitarbeiter in Hochseilgärten, um Teamfähigkeit und Führungsfähigkeit zu schulen. Outdoor-Trainings waren Anfang des Jahrtausends hoch im Kurs. Mittlerweile sind sie etwas aus der Mode gekommen. Bis vor kurzen reisten couchsurfende Studenten und einfache Mitarbeiter um den Globus, als gäbe es keine Klimaprobleme. Das, was das Outdoor-Training einst so beliebt gemacht hatte, der Tapetenwechsel und die Inspiration durch ein fremdes Umfeld, waren zur neuen Normalität geworden. Die Zeiten haben sich geändert und wieder steht ein Paradigmenwechsel an.

Der Virus verbreitet sich bekanntlich besonders gut in stickigen Räumen. Da wo durchgelüftet wird, bleibt man länger gesund. Was für den Körper gilt, gilt auch für den Geist. Outdoor feiert ein Comeback. Trigger dafür ist die Angst vor Ansteckung. Quasi im Reisegepäck hat man zusätzlich eine neue Freiheit im Denken. Das neue und eigentlich sehr alte Motto könnte lauten: Zurück zur Natur.

Schon vor Jahrhunderten war bekannt, daß die Natur Heilwirkung besitzt. Und in Zeiten von Burn-Out und Covid19 bekommt diese Erkenntnis wieder neue Bedeutung. Es ist nicht nur gut für die Gesundheit, sich ab und zu an die frische Luft zu begeben, es fördert vermutlich auch das Lernvermögen und die Fähigkeit zur Veränderung.  Es sollte auch nicht verwundern, wenn die deutschen Schüler, sollten sie dem Ruf der Natur folgen, im Pisa-Vergleich aufholen.

Die Sauerstoffzufuhr fördert das Denkvermögen. Der einzelne Lehrer wird nicht mehr so viel Zeit für seine Schüler haben, da er mehrere Kleinklassen in räumlichen und zeitlichen Abstand nacheinander betreuen muß. Personalentwickler, Trainer und Coaches werden vielleicht auch seltener in die Unternehmen gehen. Einerseits liegt das an den neuen effektiven Online-Angeboten und andererseits daran, daß es sich außerhalb des Unternehmens, in der freien Wildbahn oder auf der begrünten Dachterrasse einfach besser lernen läßt. Gesteigerte kognitive Fähigkeiten resultieren aus dem physiologischen Plus, dem blended Learning Ansatz und dem Wechsel der Umgebungen. Alles zusammen stimuliert den Geist und damit die Fähigkeit, Neues aufzunehmen.

Wenn in Zukunft Seminare oder Schulstunden unter freiem Himmel stattfinden, besteht auch die Chance, daß die Teilnehmer mehr Sonnenlicht genießen können. Dies hat einen positiven Effekt auf den Vitaminhaushalt und indirekt auf die Motivation und die Stimmung allgemein.

Viel Neues kommt in die Welt, indem man das was schon da ist, neu betrachtet und Analogien bildet. Die Natur ist für jedes Unternehmen ein genialer Lehrer. Immer wieder stellt sie sich auf neue Bedingungen ein. Sie durchläuft Zyklen und macht vor, wie man aus scheinbar widrigen Bedingungen als Sieger hervorgeht. Näher an der Natur zu sein, heißt von der Besten lernen. Best Practice Natur sozusagen. Wer sich darauf einläßt wird vielleicht Anregungen und Hinweise bekommen, wie er seine ganz persönlichen Probleme lösen kann. Wie kommunizieren Bäume? Wie schützen sich Bienen vor Angreifern? Wie überlebt man einen Sturm? Die Natur bietet Analogien und mannigfaltige Kreativität für Innovationen in allen Bereichen.

Drei einfache Tips verbinden sich mit dem Ziel von Gesundheit und einem gesunden Wachstum:

1.       Die Menschen (Mitarbeiter, Führungskräfte, Schüler) in die Natur bringen

2.       Von der Natur lernen. Mit allen Sinnen Analogien finden und von den Besten lernen

3.       Eine neue natürliche Normalität zur Grundlage der Wirtschaft der Zukunft machen

Wer jetzt und in Zukunft state of the art in der Personalentwicklung sein wird, errichtet beispielsweise offene Seminarräume im Stadtpark nebenan. Dafür gilt es einiges vorzubereiten. Behörden und Unternehmen müßten in den Dialog gehen.  Wirtschaft und Gesellschaft eine Ökumene bilden. Bis vor kurzem dachten viele noch, daß solche gemeinsamen Change-Prozesse illusorisch sind. Die Krise hat gelehrt, daß die Menschen tatsächlich deutlich klüger und flexibler sind, als man früher dachte.  Zum dem Lotos-Effekt kommt der Schilftrick. Bewegung und Veränderung bedeuten Leben, manchmal sogar Überleben. Letztendlich ist der Mensch ein Teil der Natur. Zurück zur Natur bedeutet in diesem Sinne, daß wir ein neues altes Lernen wiederentdecken, eines das in jedem Menschen steckt und dazu geführt hat, daß wir uns als Spezies immer weiterentwickelt haben.

Immer weiter entwickeln. Die Personalentwicklung steht vor einer großen Herausforderung. Sie hat noch einen größeren Verbündeten. Die Natur des Menschen.  Nicht nur die Jungen, wir alle müssen an die frische Luft und näher zu unserer Natur, um die Wirtschaft ökologisch hochzufahren.

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