Herzwerk

Donnerstag, 15. Juli 2010 13:14


Es gibt nichts Neues unter der Sonne, aber es tut gut, hin und wieder das Alte neu zu entdecken. Das gilt für Freunde genauso wie für Coaching-Weisheiten. Antike Sagen, die Bibel oder der Talmud sind voller nützlicher Anregungen. Heute also eine Geschichte über einen Werkzeugkoffer, die ihnen helfen wird, den Blick in die Zukunft und auf ihre Stärken zu lenken. Folgen Sie mir bitte ins Freudenhaus...


Es war einmal ein Mann, der arbeitete als Portier im Freudenhaus so wie sein Vater und dessen Vater vor ihm. Eines Tages kam der Besitzer des Freudenhauses zu ihm und meinte, er solle jetzt beginnen Statistik zu führen, um die Geschäfte besser auf die Bedürfnisse der Kunden abzustimmen. Dafür gab er ihm ein Buch und einen Bleistift. Überrascht erwiderte der Portier, dass das leider nicht ginge, denn er könne weder lesen noch schreiben. Schade, erwiderte der Besitzer, so müsse er ihm kündigen.

Der Portier fiel aus allen Wolken. Einwände halfen nicht. Frustriert nahm er eine kleine Abfindung und räumte seinen Platz. Er wusste zunächst nicht, wovon er in Zukunft leben sollte, bis ihm eine Idee kam. Gelegentlich hatte er im Freudenhaus Stühle und Tische ausgebessert. Er besaß eine gewisse handwerkliche Begabung. Also beschloss er, sich für die Abfindung einen Werkzeugkasten zu kaufen, um sich mit Aushilfsarbeiten über Wasser zu halten.

Um den Werkzeugkasten zu kaufen reiste er in das zwei Tagesmärsche entfernte Nachbardorf. Wieder zuhause klopfte es an seiner Haustür. Der Nachbar stand vor ihm und fragte, ob er ihm einen Hammer borgen könnte. Der ehemalige Portier antwortete, er hätte zwar einen, doch den würde er nur sehr ungern verleihen. Der Nachbar bot ihm daraufhin ein Geschäft an. Er würde ihm den Hammer abkaufen, denn Zeit, selbst ins andere Dorf zu reisen, hatte er als arbeitender Mensch nicht. Dafür würde er dem Portier aber nicht nur den Hammer, sondern auch einen Ausgleich für dessen Zeitaufwand zahlen. Der Portier ging auf den Handel ein. Als Arbeitsloser hatte er tatsächlich genügend Zeit.

Am folgenden Tag klopfte es erneut an der Tür. Es hatte sich offenbar herumgesprochen, dass er einen gut sortierten Werkzeugkasten besaß. Ein anderer Nachbar bat ihn um die Zange. Wieder kam es unter den bekannten Vorzeichen zum Geschäft.

Der Portier begab sich in den nächsten Tagen auf seine zweite Reise. Da es scheinbar eine Nachfrage nach Werkzeug in seinem Dorf gab, investierte er den Rest seiner Abfindung und das erworbene Geld, um mehr Werkzeug zu kaufen, als er selbst benötigte. Und seine Rechnung ging auf. Im Dorf war schnell bekannt, dass der Portier über gutes Werkzeug verfügte. So kamen immer mehr Menschen zu ihm, um ohne großen Zeitaufwand Eisenwaren zu kaufen.

Erst reiste er einmal pro Woche für Nachschub, doch rasch wurde ihm klar, dass es rentabler wäre, einen Vorrat vor Ort bereit zu halten. Das Interesse an seinen Eisenwaren war so groß, dass er sich einen kleinen Laden mietete, den er schon bald um einen Lagerraum erweiterte.

Die Reisen ins Nachbardorf konnte er aufgeben, denn im gelang eine Verabredung für die Anlieferung seiner Waren. Immer mehr Kunden fanden den Weg in sein Geschäft. Eines Tages saß er mit seinem Freund dem Schmied zusammen, da hatte er die Idee, die Eisenwaren selbst anzufertigen. Aus der Zusammenarbeit erwuchs die eigene Eisenwarenproduktion.

Von Jahr zu Jahr steigerte sich das Volumen. So kam es, dass der Portier zum mächtigsten Eisenwarenproduzenten der Region aufstieg. Nach knapp 10 Jahren war er der einflussreichste Wirtschaftsboss des Landes.

Mit dem Erfolg wuchs auch sein Wunsch den Menschen, die zu seinem Wohlstand beitrugen, etwas Gutes zu tun. Dabei vergaß er seine niedere Herkunft nicht. Er engagierte sich für die Armen und Kranken und investierte einen Teil des Gewinnes in soziale Projekte. Unter anderem gründete er eine Schule für die Kinder der ärmsten Familien.

Die feierliche Eröffnung der Schule sorgte für großes Aufsehen. Presse und Fernsehen waren ebenso anwesend wie die wichtigsten Würdenträger des Dorfes. Der Bürgermeister hielt die Dankesrede auf den Wohltäter und bat ihn sogleich zu einem Eintrag in das goldene Buch des Dorfes.

„Sehr gerne würde ich dieser Bitte nachkommen“, erwiderte der Portier, „aber ich kann weder lesen noch schreiben.“ Den Bürgermeister ergriff Bestürzung: „Was! Ein Mann wie Sie kann nicht lesen und schreiben“, rief er, „Sie haben ein Wirtschaftsimperium aus der Taufe gehoben. Sie gehören zu den angesehensten Persönlichkeiten unserer Zeit. Was hätte aus ihnen werden können, hätten sie lesen und schreiben gekonnt!“

Die Antwort des Geehrten kam prompt: „Das kann ich Ihnen sagen: Portier im Freudenhaus.“

Wenn im Leben etwas schief geht, bedenken Sie: Manch ein grandioser Erfolg wurde erst möglich, weil ein Misserfolg, den falschen Weg verhinderte. Diese Weisheit gilt übrigens für Mitarbeiter wie Unternehmen. Eine Trennung kann für für beide Seiten hilfreich sein.

Mit Blick auf die obrige Geschichte lassen sich für eine berufliche Umorientierung folgende Tipps ableiten:

 

  1. Gönnen Sie sich zunächst eine Ruhephase. Es mag sein, dass der erste Schock tief sitzt. Damit ist jetzt die beste Zeit, um inneren Abstand zu gewinnen und diesen Prozess mit einer schönen Erfahrung zu verbinden. Wie wäre es beispielsweise mit einer Reise?

  2. Lassen Sie Ihre Gefühle zu. Allzuleicht tappen gerade Führungskräfte in die Falle des Aktionismus. „Als wir das Ziel aus den Augen verloren, haben wir unsere Anstrengungen verdoppelt.“, so der Leitspruch der Ruhelosen, der Schnellen und der Lauten, mithin etwas 90% der Führungskräfte. Die Guten hören auf ihre Gefühle. Emotionale Intelligenz beinhaltet auch die Fähigkeit zu trauern und die Enttäuschung damit nach und nach innerlich zu verarbeiten. Wichtig ist an dieser Stelle die Erkenntnis: Sie MÜSSEN sich NICHT immer wie ein Sieger fühlen. Sie DÜRFEN enttäuscht sein.

  3. Fangen Sie an. Irgendwann heißt es aber, genug gegrübelt, jetzt ist handeln angesagt. An dieser Stelle ist es wichtig, seinen Perfektionismus los zu lassen. Just do it!

  4. Überlegen Sie sich, wo Ihre Stärken liegen könnten. Eine erste Ahnung reicht vollkommen, um sich auzuprobieren.

  5. Passen Sie auf, wie die Umwelt auf Ihre neuen Gehversuche reagiert. Sie ist, neben Ihrem Gefühl, die wichtigste Feedbackquelle. Hinzukommt, dass sie so noch eine weitere wichtige Perspektive auf ihr Handeln gewinnen. Nutzen Sie diese Information, setzen Sie sie nicht absolut, sondern versuchen Sie einen guten Ausgleich zwischen dem zu finden, was andere ihnen sagen und dem was sie selbst empfinden.

  6. Reagieren und Agieren Sie. Sie reagieren auf die Umwelt, zum Beispiel auf Kunden, die etwas nachfragen. Sie handeln und agieren aber auch, indem sie eigene Ideen anbieten.

  7. Zeit ist oft ein kritischer Faktor für den Erfolg. Manchmal entscheiden Sekunden, ob Sie etwas gewinnen oder verlieren. Prinzipiell ist es ratsam, sich hier Flexibilität zu sichern. Achten Sie also auf Rationalisierungspotenzial, das ihren mehr Freiraum und weniger Stress verursacht. Ist Ihre Infrastruktur so aufgestellt, dass Sie oder Ihre Mitarbeiter optimal arbeiten können?

  8. Beachten Sie die Bedürfnisse der Menschen mit denen Sie in Kontakt stehen. Handelt es sich um Menschen, die sie für etwas bezahlen, nennt man das Kunde. Die erfolgreichsten Unternehmen der Welt zeichnen sich dadurch aus, dass sie ganz nah bei ihren Kunden sind. Sie investieren einen entscheidenden Teil ihres Budgets in Marktanalysen. Also: Beachten Sie die Wünsche und Bedürfnisse der anderen. Diese wirtschaftliche Prinzip gilt natürlich in jeder Form von Beziehung!

  9. Pflegen Sie die Bedürfnisse zu Ihren Freunden. Menschen mit stabilen sozialen Beziehungen sind glücklicher und gesünder. Motivation und Gesundheit sind unerlässlich für den beruflichen Erfolg.

  10. Produzieren Sie etwas. Der Portier macht in der Geschichte den entscheidenden Entwicklungsschritt als er vom reinen Händler zum Produzenten wird. Mit Handel kann man durchaus großen Gewinn machen. Produktion, sei sie materiell oder geistig, bedeutet aber einen Quantenspung. Schaffen Sie etwas eigenes!

  11. Bleiben Sie bescheiden und denken Sie an Ihre Wurzeln. Erfolg hängt zu einem Großteil vom Glück ab. Natürlich wollen das die Erfolgreichen dieser Welt so nicht wahrhaben und in eine kapitalistischen Gesellschaft ist es notwendig, dem einzelnen zu suggerieren, dass er Verantwortung für seine wirtschaftlichen und sonstigen Ergebnisse trägt. Das stimmt aber nur zu einem Teil wie die Lebenserfahrung der meisten Menschen bestätigt. Als Mensch kann man nicht alles steuern. Deshalb ist ein gesundes Maß an Demut durchaus hilfreich. Sie hilft, in Phasen des Misserfolges davor, sich selbst zu verunglimpfen und in Phasen des Erfolges bedeutet sie eine gesunde Bodenhaftung. Achten Sie den Menschen, nicht seine Leistung! Fangen Sie bei sich selbst an!

  12. Und schließlich sollten Sie versuchen, Ihren Humor zu pflegen. Lachen ist nach Freud ein wundervolles Mittel der Trieb- und Frustabwehr. Sie bleiben dadurch im Gleichgewicht, auch wenn Ihnen Unrecht widerfährt. Take it easy, have fun and everything will come!

Nach so viel Information ist erst einmal ausatmen und relaxen angesagt. Hilfe dabei finden Sie im Coaching-Werkzeugkoffer. Professionelle Hand- und Herzwerker gibt’s hier.

©2010 Personalentwicklung 3000 Thomas Lang, Berlin